Auch ein erfahrener Aussteller muss ab und zu mal Neuland betreten.
In Indien bieten sich dazu zahlreiche Gelegenheiten. Eine davon war der Ausstellerabend. So fanden sich die außerindischen Aussteller nach dem Messeende zur angegeben Zeit am angegeben Ort ein. Anscheinend hatten wir alle noch nicht aus unseren Erfahrungen bezüglich des indischen Zeitverständnisses gelernt.
Jedenfalls wurden Spannung, Durst und Hunger auf die Spitze getrieben. Die erste Überraschung erlebten wir, als wir durch einen Stofftunnel den Ort des Geschehens betraten. Alle hatten mit einem Zelt gerechnet. Statt dessen hatten sich die Veranstalter für eine Freiluftveranstaltung entschieden. Und weil man so schüchtern ist, wurde für den Ausstellerabend ein fußballfeldgroßes Areal mit Stoffbahnen eingezäunt. Darauf verloren sich ein paar kleinere Stuhlgruppen, die von einer überdimensionalen Stereoanlage beschallt wurden. Getränke und Essen: Fehlanzeige! Danach hatte ich ein Déjá-vu. Wir fragten nämlich einen der Zuständigen, wann es denn los geht. Dabei ergab sich das folgende Gespräch:
Er: „Oh Sir Boss we will be ready in a few minutes“
Wir: „really????“
Er: „certainly!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!“
Nach einer weiteren halben Stunde Warten wurden dann doch die Stände für die harten Getränke wie Whisky Cola eröffnet. Passend dazu machte dann auch ein Imbissstand auf. Ich vermute, weil man sich des Essens schämte, fand unter dem Vorwand eines partiellen Stromausfalls die Essensausgabe im Dunkeln statt. (Komischerweise funktionierten die Beschallung mit Disco-Musik und die Lichtorgel bestens).
Vielleicht waren sie auch nur wieder schüchtern. Denn zeitgleich mit dem Erlöschen des Lichts (und der Eröffnung der Essensausgabe) tauchten ziemlich viele dunkle Punkte auf. Inder. Allerdings steht schüchtern im krassen Gegensatz zum hier wohl üblichen Ausdruckstanz der Inder.
Ähnlich wie beim Straßenverkehr ist es ratsam nicht daran teilzunehmen, da schwere Schäden des allgemeinen Bewegungsaparates nicht auszuschließen sind. Darüber hinaus können die zum Tanz gehörenden Ausfallschritte und Sprünge bei Unkundigen zu heftig Blutergüssen oder anderen, teils schweren Verletzungen führen.
Besonders schön sieht es aus, wenn der Tanz von den groß gewachsenen, aus Nordindien stammenden Shiks dargeboten wird. Da es diesen Männern aus religiösen Gründen nicht gestattet ist, ihre Haare zu schneiden, tragen sie leuchtend bunte Turbane, um ihre Haarpracht und die darin lebenden Tiere unter Kontrolle zu halten. Interessant war allerdings, dass es sich dabei anscheinend nicht im einen Paarungstanz handelte, da weit und breit keine Frauen in Sicht waren.